Der Satzspiegel sorgt für eine bestimmte Wirkung des Druckerzeugnisses oder Layouts am Bildschirm. Zu Beginn der Gestaltung ist es deshalb ratsam, sich mit dem Satzspiegel auseinanderzusetzen. Wir erklären nachfolgend die Möglichkeiten und stellen kostenlose Vorlagen zum Download bereit.
Sie kennen sicher beide Extreme – die Discounterwerbung, die auf dünnem, grauen Zeitungspapier bis an den Rand vollgequetscht ist mit Inhalten, und die elegante Broschüre im Querformat auf glänzendem Bilderdruckpapier, die auf viel freiem Raum für Luxusbäder wirbt.
So beeinflussen verschiedene Komponenten wie das Papier, also die Haptik, aber auch die Gestaltung mit Schriften, Farben und Bildern sowie die Menge an Freiraum innerhalb und außen um die Gestaltung herum, wie diese wirkt.
Jeder Gestaltung liegt im Hintergrund ein Rahmen zugrunde, und zwar der Rahmen, innerhalb dessen das Papier oder auch der Bildschirm „bedruckt“ ist. Dieser Bereich wird Satzspiegel genannt und unabhängig davon, ob Sie sich über ihn Gedanken machen oder er zufällig entsteht – er ist da und übt seine Wirkung aus. Insofern ist es immer anzuraten, sich zu Beginn einer jeden Gestaltung ein paar Gedanken über die Größe und die Platzierung dieses Satzspiegels beziehungsweise der bedruckbaren Fläche zu machen.
Artikelübersicht
- Satzspiegel-Arten
- Der Goldene Schnitt im Detail
- Die Linien- oder Diagonalkonstruktion
- Einfache Zahlenreihe
- Neunerteilung
- Gestaltungsraster
- Ein Beispiel
- Gestaltungsraster mit InDesign
- Satzspiegel und Anzeigen
>>> Satzspiegel-Vorlagen zum kostenlosen Download <<<
Übersicht der Satzspiegel-Methoden
- Der Goldene Schnitt
Die ganz klassische Methode, deren Ursprung in der Renaissance liegt, nennt sich „Goldener Schnitt“. Das Seitenverhältnis des Goldenen Schnitts lässt sich für diverse Raumaufteilungen anwenden, so auch für die Bestimmung des Satzspiegels oder für die Papiergrößenwahl. Die Fibonacci-Zahlenreihe steht im engen Zusammenhang mit dem Goldenen Schnitt. - Die Linienkonstruktion (auch: Diagonalkonstruktion)
Bei der Linienkonstruktion arbeitet man mit Diagonalen, die auf den ersten Blick abschreckend mathematisch erscheinen, spätestens aber bei der dritten Anwendung aus dem Ärmel geschüttelt werden und eine gute Alternative zum Goldenen Schnitt darstellen. - Die einfache Zahlenreihe
Hier dient die Zahlenreihe 2:3:4:5 oder 2:3:4:6 als Hilfe, mit der die Proportionen der Stege definiert werden. - Die Neunerteilung
Die Neunerteilung ist ein weiteres probates Mittel, mit der man schnell und einfach zum Ziel kommt, allerdings ist das Ergebnis nicht ohne Weiteres skalierbar.
Satzspiegel-Basics
Eine räumliche Mitte und Ausgewogenheit wird dann empfunden, wenn unter Objekten mehr Weißraum platziert wird als über den Objekten. Somit befindet sich die gefühlte, harmonische optische Mitte immer etwas über der rechnerischen Mitte. Diese Tatsache werden wir bei jeder der Konstruktionsarten beachten.
Der Satzspiegel einer Einzelseite befindet sich in der Regel horizontal mittig; bei mehrseitigen Dokumenten müssen Sie einberechnen, dass der Leser immer auch zwei Seiten nebeneinander betrachtet, und somit der freie Raum innen, der sogenannte Innenbund oder Innensteg, doppelt wirkt. Deswegen legt man bei doppelseitigen Dokumenten den Innensteg ungefähr halb so breit an wie den Außensteg. Zudem gibt es noch die Begriffe des Kopfstegs, also des Freiraums über der bedruckten Fläche, und den des Fußstegs am unteren Rand.
Satzspiegel mit dem Goldenen Schnitt und Fibonacci
Dem Goldenen Schnitt als Proportionsgesetz begegnen wir in der Architektur, der Malerei, der Bildhauerei und der Natur. Er unterstützt uns bei der harmonischen Aufteilung bzw. Unterteilung von Flächen und Strecken. Übrigens basiert auch das Verhältnis von Klein- zu Großbuchstaben bei vielen Schriften auf dem Goldenen Schnitt. Beim Goldenen Schnitt verhält sich die kleinere Strecke zur größeren wie die größere zur Gesamtstrecke.
Die Zahlenfolge der Fibonacci-Zahlen steht im engen Zusammenhang mit dem Goldenen Schnitt und darf der Einfachheit halber als Basis für die Satzspiegelfindung nach den „göttlichen Proportionen“ verwendet werden. Sie lautet 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13, 21, 34 usw. – wobei eine Zahl der Folge mit der vorherigen addiert wird, um die nachfolgende zu erhalten. Beispiel: Die 5 mit der vorher kommenden 3 addiert, ergibt 8.
Wenden wir die Zahlenreihe nun auf einen doppelseitigen Satzspiegel an. Hier dient sie genau genommen nicht zur Definition des Satzspiegels, sondern zur Definition der Stege und dann der daraus resultierenden Satzspiegelproportionen.
Der Innenbund ist in der Regel immer am kleinsten, danach wächst die Größe des Bundes bei einer rechten Seite im Uhrzeigersinn, bei einer linken Seite gegen den Uhrzeigersinn, an. Übertragen wir die Zahlenreihe auf die Steggrößen, entstehen 2 Einheiten für den Innensteg, 3 Einheiten für den Kopfsteg, 5 Einheiten für den Außensteg und 8 Einheiten für den Fußsteg. Die Größe der Einheiten ist hier frei wählbar und entscheidet sich nach Menge des Inhalts, Produkt und Zielgruppe.
Satzspiegel mit der Linienkonstruktion
Bei dieser Methode erzeugen diagonale Linien einen Satzspiegel; dabei ist die Endgröße variabel. Zunächst ziehen Sie zwei Diagonalen über die Doppelseite, anschließend jeweils eine Diagonale innerhalb jeder Einzelseite, von außen unten nach innen oben. Für den linken oberen Startpunkt des Satzspiegels suchen Sie einen beliebigen Punkt auf der rechten Einzelseitendiagonale. Diesen verfolgen Sie mit einer Horizontalen nach rechts, bis Sie auf die Doppelseitendiagonale stoßen. Von dort geht die Reise senkrecht nach unten, bis Sie wieder auf die Einzelseitendiagonale treffen, und von dort schließen Sie das Rechteck mit einer horizontalen Linie. Das mag verwirrend klingen, die Illustration unten sollte es aber schnell verdeutlichen.
Eine Veränderung der Satzspiegelgröße können Sie jederzeit vornehmen, indem sie den linken oberen Startpunkt auf der rechten Einzelseitendiagonale nach oben oder weiter nach unten verschieben. Eine Verschiebung nach oben lässt den Satzspiegel – unter Beibehaltung der Proportionen – größer werden, eine Verschiebung nach unten lässt ihn schrumpfen.
Plan B
Wenn Sie Hilfe bei der Größe benötigen, können Sie eine weitere Linie einsetzen, die Sie auch bei dieser Entscheidung unterstützt: Starten Sie, nachdem alle vier Diagonalen erstellt wurden, eine senkrechte Linie an dem Punkt, an dem sich die Einzelseitendiagonale und die Doppelseitendiagonale kreuzen und ziehen Sie diese nach oben bis zum Seitenrand. Dort lassen sie eine weitere Linie starten, die bis zum Kreuzungspunkt der anderen Seite verläuft. Dadurch entsteht ein neuer Kreuzungspunkt, und zwar zwischen der letzten Linie und der Einzelseitendiagonale – und das ist unser linker oberer Startpunkt für das Satzspiegelrechteck.
Satzspiegel mit der Zahlenreihe
Mit den Zahlenreihen 2:3:4:5 und 2:3:4:6 lassen sich auf einfache Art und Weise die Größen der vier Bünde festlegen; dabei wird das Verhältnis von Papierbreite und -höhe allerdings außer Acht gelassen. Trotzdem ergibt die Nutzung der beiden Zahlenreihen eine schnelle und häufig auch ansehnliche Lösung.
Satzspiegel mit der Neunerteilung
Bei der Neunerteilung werden Breite und Höhe der Seite in jeweils neun Felder unterteilt. Nun lässt man jeweils ein Feld am oberen und am inneren Rand frei, außen und unten jeweils zwei Felder. Der Nachteil dieser Methode ist die nicht skalierbare Stegbreite bei einer relativ kleinen und somit auch fixen Satzspiegelgröße.
Das Gestaltungsraster
Während unser Satzspiegel beziehungsweise die Stegbreiten nun die äußeren Ränder vorgeben, herrscht innerhalb des Satzspiegels noch gähnende Leere. Gerade bei umfangreichen Projekten mit kleinteiligen Inhalten beziehungsweise bei mehrseitigen Dokumenten benötigen wir auch innerhalb des Satzspiegels eine Struktur – das Gestaltungsraster.
Das Raster unterteilt die Satzspiegelfläche horizontal und vertikal in Rasterfelder und unterstützt bei der Organisation von Texten und Bildern.
Horizontale Unterteilung
Beginnen wir mit der horizontalen Unterteilung. Diese entsteht durch ein Spaltenraster, das den Text in mehrere Spalten zuzüglich des Zwischenschlags zwischen den Spalten unterteilt. Im Beispiel arbeiten wir mit einer Papierbreite von 200 mm und einem Satzspiegel mit der Diagonalkonstruktion. Die so entstandenen Satzspiegelmaße lauten
161 x 224,5 mm.
Die Satzspiegelbreite wird in drei Textspalten unterteilt mit einer Breite von 50,3 mm und einem Zwischenschlag von 5 mm.
Vertikale Unterteilung
In der Vertikalen gibt die Satzspiegelhöhe zunächst die Spaltenhöhe vor, die ein Vielfaches des Grundlinienrasters, also des Zeilenabstands vom Grundtext sein sollte. Diese Höhe sollte nun ebenfalls unterteilt werden, wodurch letztlich Zellen entstehen. Die Zellenhöhe richtet sich in der Regel nach der Zellenbreite und sollte ein harmonisches Querformat entstehen lassen. Häufig dient auch das kleinste Bildformat als Vorlage für die Zellengröße. Die Zellenhöhe muss allerdings so angelegt sein, dass mehrere Zellen übereinander exakt an der unteren Kante des Satzspiegels enden – die Höhe des Satzspiegels ist also immer auch ein Vielfaches der Rasterzellenhöhe.
Rasterzellen
Die entstandenen Zellen füllen nun die Satzspiegelfläche völlig aus und helfen uns im Hintergrund bei der Platzierung von Objekten genauso wie bei der Festlegung von Größen. Bilder oder Kästen beispielsweise bewegen sich jetzt in Rasterzellenschritten; das kleinste Bild oder der kleinste Kasten hat die Größe einer Rasterzelle; größere Bilder sind immer ein Vielfaches der Rasterzellen.
Generell gilt: Je kleiner die Zellengrößen, umso flexibler ist man mit der Gestaltung, aber umso chaotischer kann auch die Verteilung der Objekte werden. Bei zu kleinen Rasterzellen verliert das Raster seinen Nutzen.
Eine Satzspiegel-Beispielrechnung
Ein Beispiel soll die Berechnung des Satzspiegels verdeutlichen. Es zeigt auch, dass man nicht immer auf den Millimeter genau rechnen kann, sondern stattdessen seinen Satzspiegel samt des Gestaltungsrasters flexibel halten sollte. Wir gehen von folgenden Annahmen aus:
Papierformat: 200 x 280 mm
Fließtext: 9 Punkt Schriftgröße, 12 Punkt Zeilenabstand
Nach den oben vorgestellten Satzspiegel-Entwürfen beträgt unsere geplante, ungefähre Satzspiegelhöhe im Beispiel zwischen 210 und 230 mm. Konkret würde sich nach der Linienkonstruktion eine Satzspiegelhöhe von 225 mm ergeben.
Jetzt teilen wir diese Höhe von 225 mm durch die 12 Punkt des Grundlinienrasters, also 4,236 mm, das ergibt 53,11. Wir brauchen aber ein exakt Vielfaches unseres Grundlinienrasters. Also runden wir auf 53 Zeilen und verkleinern die Satzspiegelhöhe auf 53 * 4,236 = 224,5 mm.
Bei 53 Zeilen bieten sich 6 Rasterfelder mit jeweils 8 Zeilen plus einer Zeile Zwischenraum an. Wir haben also 6 Rasterfelder * 8 Zeilen = 48 Zeilen plus 5 Zeilen Zwischenraum = 53 Zeilen = 224,5 mm.
Kurzes Zwischenfazit – für unsere Seite haben wir nun folgende Werte errechnet:
- Raster: 6 Rasterfelder zu je 8 Zeilen
- Aufteilung: 53 Zeilen zu je 12 Punkt
- Effektive Satzspiegel-Höhe: 224,5 mm
Wie groß sind nun der Kopf- und der Fußsteg? Dies ergibt sich aus folgender Rechnung:
280 mm (Papierhöhe) – 224,5 mm (Satzhöhe) = 55,5 mm übrig für den Kopf- und den Fußsteg.
Die Stegproportionen nach Fibonacci: 55,5 mm / 8 * 5 = 34,7 mm für den Fußsteg; 20,8 mm für den Kopfsteg; alternativ übernehmen wir die Stegproportionen der Linienkonstruktion, bei der sich 37,1 mm für den Fußsteg und 18,4 mm für den Kopfsteg ergeben.
- Kopfsteg: 18,4 mm
- Fußsteg: 37,1 mm
Gestaltungsraster in InDesign generieren
In Adobe InDesign wird der Satzspiegel über die Eingabe der Stegbreiten, in InDesign Ränder genannt, festgelegt. Die Eingabe erfolgt entweder direkt zu Beginn bei der Erstellung der Datei oder nachträglich bei geöffneter Datei.
Wer die Eingabe nachträglich vornimmt, sollte darauf achten, welche Seiten gerade aktiv sind, während man den Dialog öffnet, denn nur die Stege der geöffneten Seiten werden verändert!
Wer alle Seiten seines Dokuments einstellen möchte, springt erst in der Palette Seiten per Doppelklick auf eine Musterseite, aktiviert bei einem doppelseitigen Dokument dann die zweite Musterseite dazu und öffnet dann erst den Dialog für die Eingabe der Ränder über über das Menü Layout > Ränder und Spalten.
Raster in InDesign erzeugen
Die Rasterfelder selbst lassen sich mit Hilfslinien erzeugen. Alternativ erstellt man helle Rechtecke, die man am besten auf eine separate Ebene legt und diese sperrt. So können diese jederzeit als Platzierungshilfe eingeblendet und für die Vorschau ausgeblendet werden.
Die besonderen Fälle
Unter bestimmten Umständen müssen sich der Satzspiegel sowie das Gestaltungsraster an Vorgaben richten. In der Regel ist das dann der Fall, wenn Teile des Inhalts fixe Maßvorgaben haben, wie es bei Anzeigen der Fall ist. Dem Anzeigenkunden wird dann beispielsweise eine Anzeige mit einer fixen Breite und Höhe verkauft, die der Gestalter in seinem Satzspiegel integrieren muss. Im besten Fall entspricht das kleinste Anzeigenformat dann einer Rasterzelle und die größeren Anzeigen entsprechen mehreren Rasterzellen. In der Praxis ist es jedoch meistens andersherum, und die Rasterzellen müssen sich nach den Höhen- und Breitenproportionen der Anzeige richten.
- Klären Sie vor dem Generieren des Satzspiegels und des Gestaltungsrasters die möglichen Größen der Anzeigen.
- Die Proportionen einer Rasterzelle müssen nicht denen der Anzeige entsprechen. Beispielsweise kann eine quadratische Anzeige auch aus 2 x 3 Rasterfeldern bestehen.
- Arbeiten Sie im Zweifelsfall mit kleinen Rasterzellen, um flexibler zu sein.
Satzspiegel-Vorlagen
Da der Satzspiegel gerade für Einsteiger nicht immer leicht zu erstellen ist, haben wir Ihnen einige Vorlagen in allen Berechnungsarten als InDesign-Datei erstellt. Die können Sie hier kostenlos herunterladen. Die Eckdaten:
- im Format DIN A4
- im Format 200 x 280 mm
- je nach Satzspiegelart auch in zwei Größen
Downloads
Satzspiegelvorlagen Goldener Schnitt:
Satzspiegelvorlage A4 herunterladen
Satzspiegelvorlage 200 x 280 mm herunterladen
Satzspiegelvorlagen Diagonal-/Linienkonstruktion:
Satzspiegelvorlage A4 herunterladen
Satzspiegelvorlage 200 x 280 mm herunterladen
Satzspiegelvorlagen Zahlenreihe:
Satzspiegelvorlage A4 herunterladen
Satzspiegelvorlage 200 x 280 mm herunterladen
Satzspiegelvorlagen Neunerteilung:
Satzspiegelvorlage A4 herunterladen
Satzspiegelvorlage 200 x 280 mm herunterladen
Bildnachweis: Rawpixel.com/Shutterstock.com