Preis- und Honorarverhandlungen gehören zwar zum beruflichen Alltag, jedoch vermutlich nicht zu Ihren Lieblingsbeschäftigungen. Bei kaum einem anderen Thema herrscht so viel Unsicherheit, besonders unter Kreativen. Dennoch sind diese Verhandlungen nötig und es ist besser, das „Spiel“ auf gleicher Augenhöhe mitzuspielen. Wer zu früh aufgibt, verliert unnötig Geld. Schuld daran ist die „3-D-Verhandlungstechnik“ vieler Kunden. Was das ist und wie Sie sich dagegen wappnen können, verrät der Vertriebs- und Preisverhandlungsexperte Tim Taxis.
Wer den gebürtigen Schwaben Tim Taxis trifft, ahnt, dass er sich nicht unter Wert verkauft. Die „3-D-Verhandlungstechnik“ – immer schön „druff, druff, druff“ auf den Preis – wittert er schon einige Kilometer gegen den Wind und hat es sich zur Aufgabe gemacht, seinen Klienten Werkzeuge an die Hand zu geben, mit denen sie sich vor unnötigen Preisnachlässen schützen können.
Uns hat er verraten, wie man sich in Preisverhandlungen behauptet.
Experte im Interview
Tim Taxis ist Vertriebs- und Verhandlungsprofi.
Bekannt geworden ist er als Trainer für Kaltakquise. Sein erstes Buch, das er unter dem vielsagenden Titel „Heiß auf Kaltakquise“ veröffentlicht hat, gilt heute als ein Standardwerk für viele Vertriebsprofis. Sein Wissen gibt er im Rahmen von Seminaren an seine Kunden weiter.
Wir haben mit ihm über das Thema Preisverhandlungen für Kreative gesprochen.
Tim, Du bist bekannt für klare Worte und trittst bei Kunden entsprechend selbstbewusst auf. Vielen – gerade uns Kreativen – fällt das mitunter gar nicht so leicht und wir verkaufen uns viel zu häufig unter Wert oder knicken zu schnell ein, sobald jemand unseren Preis in Frage stellt. Welche Tipps hast Du, die besonders Kreative bei Preisverhandlungen beherzigen können?
Tim Taxis: „Erst einmal würde ich hier keinen Unterschied machen, in welcher Branche und zwischen wem Preisverhandlungen geführt werden. Das muss man sich so vorstellen wie beim Autokauf: Jeder, der ein Auto Probe fährt und es kaufen möchte, stimmt nicht jedem Preis zu, nur weil er das Geld dafür hätte. Jeder versucht doch, an jeder Stelle Geld zu sparen. Und unsere eigenen Kunden ticken da ganz genauso. Wenn der Händler 15.000 Euro für ein Auto haben möchte und ich habe 16.000 Euro Budget, dann sage ich doch nicht direkt, ich nehme das Auto für 15.000 Euro, nur weil ich es mir leisten könnte. Sondern ich steige bei dem Preis, den mir der Händler nennt, ins Verkaufsgespräch ein. So ist das bei jeder Verhandlung, unabhängig davon, um welche Branche es sich handelt.“
Du sagst also, dass jeder feiltscht und das dazu gehört?
Tim Taxis: „Klar. Mein Kunde signalisiert mir damit doch sogar, dass er bei mir kaufen will, sonst würde er sich doch gar nicht mit mir über den Preis unterhalten! Im Business gehören Preisverhandlungen zum Geschäft und wer da nicht als gleichwertiger Player mitspielt oder nicht die Regeln kennt, der wird sich dauerhaft und unnötigerweise viel zu häufig unter Wert verkaufen.“
Preisverhandlungen sind also eigentlich ein gutes Zeichen?
Tim Taxis: „Ja. Die Tatsache, dass der Kunde uns mit einer Preisreduktion konfrontiert, ist nicht immer gleichbedeutend damit, dass wir den Auftrag nicht erhalten werden, falls wir nicht nachgeben! Die Klarheit in diesem Aspekt ist elementar für den Erfolg in jeder Preisverhandlung. Nur: Oft geben wir ja schon aus ‚vorauseilendem Gehorsam‘ einen Rabatt. Viele denken sich gerade, wenn es um einen potenziellen Neukunden geht: ‚Da müssen wir mit einem tiefen Preis ran, ist ja ein Neukunde.‘ Und dann passiert eben dieses ‚Druff-druff-druff‘-Hauen auf den Preis. Der Kunde weiß, dass wir den Auftrag unbedingt wollen und dass wir Angst haben, dass es am Preis scheitert. Zudem haben wir keine Methode an der Hand, um immer sicher herauszufinden, ob er nur blufft. Und diese Situation nutzt der Kunde aus. Schon immer.“
Preisnachlässe gehören zum Spiel. Jeder will gewinnen. Fragen wir einmal anders: Wie viel muss man denn überhaupt nachlassen? Hast Du da Tipps?
Tim Taxis: „Wenn der Kunde uns mit seiner Rabattforderung konfrontiert, reagieren 99 Prozent aller Anbieter ganz unglücklich! Der Kunde sagt: ‚Inhaltlich hat uns Ihr Angebot zugesagt, aber der Preis, der ist zu hoch! Nach Durchsicht aller Angebote muss ich Ihnen leider sagen, dass Sie preislich deutlich über Ihren Wettbewerbern liegen. Deshalb meine Frage: Was können Sie am Preis noch machen?‘ Was passiert jetzt? Wir denken: ‚Oh je, lieber verliere ich Marge als den Kunden!‘ und sagen entweder ‚Was haben Sie sich denn vorgestellt? Wo müssten wir denn preislich hin?‘ oder geben direkt einen Nachlass: ‚Ja, also viel mehr als zehn Prozent sind nicht mehr drin!‘ Beides ist denkbar ungünstig! Warum? Weil wir mit beiden Reaktionen unmittelbar zeigen: ‚Bei mir geht was!‘ und der Kunde wird dies ausnutzen und umso intensiver nachbohren und weiterfordern.“
So also nicht. Wie sollte man denn dann vorgehen?
Tim Taxis: „Erst einmal sollten wir uns entschließen, das Spiel mitzuspielen und zwar nach unseren eigenen Regeln! Erfolgreich, fair, charmant und auf Augenhöhe – und mit dem Wunsch, deutlich bessere Preise zu erzielen. Eine Frage steht unausgesprochen über jeder Preisverhandlung. Nur leider hat sich diese Frage noch niemand bewusst gemacht.“
Und welche Frage ist das?
Tim Taxis: „Diese wichtige Frage lautet: Würde meine Preisreduktion tatsächlich etwas ändern? Diese Frage allein wird dazu beitragen, dass wir künftig bessere Verhandlungsergebnisse erzielen. Denn dadurch ergibt sich eine ganz neue Verhandlungsstruktur, die zeigt, dass es viel häufiger Sinn macht, KEINEN Rabatt zu geben als umgekehrt. Manchmal ist es ganz hilfreich, die Komplexität etwas zu reduzieren: Ausgehend von den beiden möglichen Antworten – ja, ein Preisnachlass würde sich auf das Verhandlungsergebnis auswirken, oder nein, er würde nichts ändern – gibt es nämlich nur vier Szenarien. Wenn die Antwort Nein lautet, dann geben wir keinen Rabatt. Das ist immer dann der Fall, wenn der Kunde ohnehin bei uns zu unserem Angebotspreis kaufbereit ist – oder er sich ohnehin für einen Wettbewerber entschieden hat.“
Wenn nun die Antwort Ja lautet, woher weiß ich dann, wie hoch der Rabatt sein sollte?
Tim Taxis: „Wenn die Antwort Ja ist, dann gilt es, herauszufinden: Wo ist der Preispunkt, zu dem ich gerade noch den Zuschlag erhalte? – ohne aber zusätzlich unnötig Marge zu verschenken bzw. ohne darüber hinaus Preisgeschenke zu machen. Wichtig ist es, dabei kleine Schritte zu machen, also ein Prozent und nicht gleich fünf Prozent Rabatt anzubieten.“
In der Regel muss man sich fast selbst etwas disziplinieren, um nicht zu schnell einen zu hohen Rabatt einzuräumen.
Tim Taxis: „Genau. Viele sind zu voreilig. Mit diesem Ansatz haben Sie alle in der Praxis möglichen Szenarien als Übersicht vor sich. Fragen Sie sich bitte: Von all Ihren Preisverhandlungen der letzten Monate – egal ob Sie den Auftrag später erhalten haben oder nicht – in wie vielen Preisverhandlungen haben Sie einen Rabatt gegeben, wenn der Kunde diesen gefordert hat? Bei 99 von 100 Befragten kommt die Antwort: ‚Eigentlich lass ich, wenn der Kunde hart fordert, immer etwas nach.'“
Unser Preisverhandlungs-Experte rät: „Das gilt es zu ändern!“ Denn wie durch diese strukturierte Vorgehensweise deutlich wird, ist es in drei von vier Fällen nicht nötig, einen Preisnachlass einzuräumen. Durch diese Vorgehensweise stärken Sie Ihre Verhandlungsposition und treten in Preisverhandlung deutlich souveräner auf, was Ihnen letztendlich auch bessere Preise bzw. höhere Honorare einbringen wird.
Vertiefende Informationen inklusive Strategien und Methoden für eine bessere Verhandlungsführung stellt Tim Taxis in seinem neuen Buch „Die perfekte Preisverhandlung“ (BoD, 1. Auflage 2016, 24,80 EUR, Erscheinungstermin: Oktober 2016) vor.
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