Plakate sollen auffallen – das gilt heute wie damals. Sie dienen der Werbung, vermitteln Informationen und tun öffentlich Meinungen kund. Was ist dabei heute wichtig?

Über die Zeit hinweg, hat sich die Nutzung des Mediums ebenso verändert wie die Art und Weise, wie die Inhalte auf dem Plakat präsentiert werden. In diesem Beitrag geben wir einen Einblick in die Entwicklung und die Geschichte des Plakats.

Die früheste Geschichte des Plakats

Schon in der vorchristlichen Zeit sind Vorläufer des Plakats zu finden. Zum Beispiel wurden im antiken Rom behördliche Bekanntmachungen und Gesetzestexte auf weißen Holztafeln auf größeren Plätzen angebracht und so der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Obwohl es demnach schon in vielen frühen Epochen plakatähnliche Anschläge gab, gilt die Erfindung des modernen Buchdrucks Mitte des 15. Jahrhunderts in Europa als eigentliche Geburtsstunde des Plakats. Im 16. und 17. Jahrhundert verwendeten Händler, Schausteller und Gaukler vereinzelt aus Text und Bildern bestehende Plakate, um auf ihr Warenangebot bzw. ihre Vorstellungen aufmerksam zu machen. Mit der stetigen Weiterentwicklung der Druckverfahren gelang es, Plakate in immer größerer Auflage herzustellen und zu verbreiten.

Plakate während der Französischen Revolution (1789-1850)

Liberté, égalité, fraternité – Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – bis heute ist die Parole unzertrennbar mit der 1789 beginnenden Französischen Revolution verbunden, welche in ganz Europa weitere Revolutionen sowie neue politische und soziale Ideen nach sich zog. Während dieser Zeit bekam das Plakat deshalb vor allem in Frankreich eine zunehmend wichtige Rolle und stellt den ersten Meilenstein in der Geschichte des Plakats dar.

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Plakat aus der Französischen Revolution, 1793

„Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit oder Tod“ – Mit wagemutigen Plakaten wurde während der Französischen Revolution deutlich und unverblümt kommuniziert. Die Plakate hatten den Zweck zu dirigieren, zu fordern, zur Teilnahme einzuladen, Gegner und Verdächtige zu denunzieren und das Volk aufzustacheln.

Nach dem Ende der Revolution 1799 beherrschte das Streben nach Geld, Profit und Umsatz das Leben der Menschen. Dabei war das Verkaufen ein wesentlicher Bestandteil und, um zu verkaufen, kamen immer häufiger kommerzielle Plakate und Anzeigen zum Einsatz. Als Stilmittel wurden Symbole verwendet, die auf den Betrachter gleichzeitig überzeugend und beruhigend wirken sollten. Die abgebildeten Waren sollten von den Rezipienten mit positiven Ereignissen und Eigenschaften in Verbindung gebracht werden und so bei den potentiellen Käufern einen Kaufwunsch auslösen.

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Bierwerbung, ca. 1810-1815

Auf dem Plakat wird ein gutes und besonders starkes Bier beworben. Das Plakat zeigt, wie dieses Bier von den Soldaten der kaiserlichen Garde gekauft wird. Die Helme, Waffen und glitzernden Uniformen der Soldaten drücken Ruhm und militärische Stärke aus, der es nachzueifern galt.

Während sich im Bürgertum privilegierte Klassen etablierten, fristeten dennoch Millionen Menschen eine kümmerliche Existenz in Not und Hunger. Sogenannte Sandwichmen, einfache Männer, die als Plakatträger angeheuert und mehr als Ware und bewegliche Wände betrachtet wurden, trugen und präsentierten auf ihrer Brust und ihrem Rücken Plakate. Ihre absichtlich lächerlich aussehenden Kittel, Hüte oder Mützen sollten Spaziergänger zusätzlich auf die Plakate die sie trugen aufmerksam machen.

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Plakatträger in Frankreich

In Deutschland war die Geschichte des Plakats zu dieser Zeit weniger umfassend, da die politische Plakatierung nach 1848 von der Obrigkeit erheblich eingeschränkt und teilweise ganz untersagt wurde. Lediglich Werbeplakate waren erlaubt. 1854 erhielt Ernst Litfaß durch einen Vertrag mit dem Berliner Polizeipräsidenten das Recht, öffentlich Plakate anzubringen und errichtete im Jahr darauf seine erste Werbesäule.

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Ernst Litfaß, 1860

 

Künstlerplakate und die große Plakatbewegung (1850-1900)

Mit der Erfindung der Lithographie 1798 durch Alois Senefelder eröffneten sich völlig neue Möglichkeiten zur Massenreproduktion von Plakaten.

Bei dem Flachdruckverfahren wird das Motiv seitenverkehrt mit Fettkreide oder Fetttusche auf eine Steinplatte gezeichnet. Der Stein wird dann mit Wasser angefeuchtet und mit fetthaltiger Farbe eingewalzt. Die Farbe bleibt, da sich Fett und Wasser gegenseitig abstoßen, nur an den bezeichneten, fetthaltigen Stellen haften. Bedeckt man die Steinplatte nun mit einem speziell beschichteten Papier oder Karton und wendet eine hohe Presskraft an, wird die Zeichnung auf das Papier übertragen.

 

Während die Plakatgestaltung und -herstellung bis Mitte des 19. Jahrhunderts fest in der Hand der Drucker und Lithographen lag, waren diese mit den immer höheren Anforderungen an die Qualität der Plakate zunehmend überfordert. Immer mehr Künstler begannen sich – zuerst in England und dann vor allem in Frankreich – der Plakatgestaltung anzunehmen. Als Pionier der Plakatkunst gilt Jules Chéret (1836-1932), der sowohl gelernter Lithograph als auch Künstler war.

1858 erhielt er seinen ersten prominenten Plakatauftrag: die Ankündigung der bekannten Oper „Orpheus in der Unterwelt“.

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„Orpheus in der Unterwelt“, Jules Chéret, 1858

1866 eröffnete Chéret seine eigene Lithographie-Anstalt. Er ließ eine spezielle Druckpresse von England nach Frankreich importieren, mit der es möglich war auch großformatige Plakate bis 193 x 144 cm zu drucken. Zudem brachte er die Geschichte des Plakats ein entscheidendes Stück weiter, in dem er das bisherige Druckverfahren vereinfachte: Während bisher bis zu 25 Steine nötig waren, um Farblithographien zu drucken, reduzierte er die Anzahl auf zunächst fünf und später drei Steine – meist einen für Schwarz, einen für Rot und einen dritten mit zwei Farben für den Druck eines abgestuften Hintergrunds. Zusätzlich zeichnete Chéret die Plakate direkt auf den Lithographiestein. Indem er Text und Bild auf eine ganz neue Weise verband, schuf er zudem einen neuen Plakatstil. Während bisher Bilder die Plakate beherrschten, hatte bei Chéret die Text-Botschaft eine gleichrangige Bedeutung wie die Illustration. Beide waren in seiner Gestaltung unlöslich miteinander verbunden, denn immer mehr machte Chéret die Worte selbst zur Illustration.

Im Verlauf von rund 40 Jahren schuf der von der Bevölkerung als „Schöpfer einer Galerie der Straße“ genannte Künstler annähernd 1.200 Plakate für viele verschiedene Auftraggeber. Neben den geschickt integrierten Texten war fast immer eine junge, attraktive, für die damaligen Verhältnisse eher leicht bekleidete Frau zentrales Thema seiner Plakate. Dies fand bei dem französischen Publikum großen Anklang.

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Jardin de Paris, Jules Chéret, 1897

Das nun relativ einfache Druckverfahren erlaubte es auch anderen Künstlern ohne größere Vorkenntnisse Plakate zu schaffen. Deren künstlerische Qualität war noch weitaus höher, als die des Pioniers Chéret. Zu den bekanntesten Künstlern zählten allen voran Henri de Toulouse-Lautrec (1864-1901), Théophile-Alexandre Steinlen (1859-1923) und Eugène Grasset (1845-1917).

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Henri de Toulouse-Lautrec, 1892

Auch Lautrec verwendete nur wenige Farbsteine in Gelb, Rot und Blau. Seine Plakate auf großformatigen Blättern kamen durch die starken Kontraste auch von der Ferne gut zur Geltung und wirkten anziehend. Häufig fing Lautrec das fröhliche, hektische und ausschweifende Leben rund um den Montmartre ein – dem Zentrum des Pariser Nachtlebens.

Lautrecs Freund und Kollege Théophile-Alexandre Steinlen widmete sich als Gegner sozialer Ungerechtigkeit in seinen Motiven vor allem den verarmten Randgruppen der Gesellschaft, an welchen es am Montmartre ebenfalls nicht mangelte. Seine Werke schildern das Leben der kleinen Leute, das Elend der Bettler, zeigten erschöpfte Arbeiter, abgerissene Straßenkinder und Prostituierte. Außerdem war Steinlen ein unermüdlicher Katzenmaler und porträtierte diese immer wieder in den verschiedensten Varianten.

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Plakat für Kaberett am Montmartre Théophile-Alexandre Steinlen, 1896

 

Die Jugendstil-Plakate (1890-1913)

Deutsche Plakate zeigten um die Jahrhundertwende häufig dekorative Motive des Jugendstils. Dennoch galt erneut Frankreich als frühes Zentrum der Entwicklung. Als Höhepunkt werden die Arbeiten des Künstlers Alfons Mucha (1860-1939) angesehen. Sein bekanntestes Werk, ein Veranstaltungsplakat für das Theaterstück „Gismonda“, das die damals bekannteste westliche Schauspielerin Sarah Bernhardt bei ihm in Auftrag gab, machte ihn zu einem der begehrtesten Plakatkünstlern des Jugendstils. Alle öffentlich aufgehängten Exemplare des Plakats wurden innerhalb von kurzer Zeit von Kunstfreunden gestohlen.

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La Dame aux camélias, Alfons Mucha, 1896

Mit der Industrialisierung, die sich in den führenden Wirtschaftsnationen durchgesetzt hatte, entstanden neue Formen der Kultur, Unterhaltung und des Konsums. In den 1890er Jahren wurden die Plakate nach den Kriterien der freien Kunst bewertet. Viele Kunsthändler spezialisierten sich auf Plakate, zahlreiche öffentliche und private Plakatsammlungen entstanden und man setzte sich erstmals mit der Geschichte des Plakats auseinander.

Der Phase der Künstlerplakate folgte die massenhafte kommerzielle Werbung für die neu entstandenen Markenartikel aus den unterschiedlichsten Bereichen. 1913 lag Deutschland beim Anteil der Weltindustrieproduktion auf dem zweiten Platz hinter den USA und im Welthandel ebenfalls an zweiter Stelle hinter Großbritannien. Dies bedeutete auch für den Großteil der Bevölkerung bessere Lebensverhältnisse und eine größere Konsumbereitschaft.

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Elektrische Glühbirnen von AEG, Peter Behrens, 1910

Die üppigen Ornamente des Jugendstils wurden zurückgelassen. Stattdessen zählte die Funktionalität der Plakate. Einfache Strukturen traten in den Vordergrund. Davon wurde auch der „Deutsche Plakatstil“ beeinflusst, welcher in Deutschland und der Schweiz auch als „Sachplakat“-Stil bekannt wurde. Typisch war die Reduzierung des Plakatmotivs auf die zwei wichtigsten Elemente: das Produkt und den Markennamen.

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Salamander-Plakat, Ernst Deutsch, 1912

 

Plakate im ersten Weltkrieg (1914-1918)

Mit dem Beginn des ersten Weltkriegs wurde das Medium Plakat vor allem von den Alliierten stark zum Zwecke der politischen Propaganda herangezogen. Zahlreiche Plakate wurden aufgehängt, um Soldaten zu rekrutieren, die Rüstungsproduktion voranzutreiben und das Feindbild detailliert darzustellen.

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Anonymes Rekrutierungsplakat aus Irland, 1914

In Deutschland war die politische Propaganda bis 1914 nicht gestattet gewesen. Nun fand diese jedoch ihren Weg über das Plakat in die Öffentlichkeit und wurde auch in Deutschland zur Normalität.

Die Hochzeit des Plakats in den 20er und 30er Jahren (1919-1933)

Nachdem die Plakatproduktion – außer zu Propagandazwecken – im ersten Weltkrieg in Deutschland fast zum Erliegen kam, begann sie während der Zeit der Weimarer Republik wieder aufzublühen. Der Beruf des Plakatgestalters erhielt festere Strukturen: Berufsverbände entstanden, Fachzeitschriften wurden ins Leben gerufen und 1922 legte das Deutsche Institut für Normung einheitliche Papierformate nach DIN 476 fest.

Die Werbung der Zeit wurde stark von den Kunst-Strömungen des Kubismus, Futurismus, Dadaismus und Expressionismus beeinflusst. So lehnten die Anhänger des Dadaismus (oder Dada), welcher in Zürich begründet wurde, bürgerliche Ideale und die „konventionelle“ Kunst ab und parodierten diese in ihren Plakatentwürfen.

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Künstlerkneipe Voltaire, Marcel Słodki, 1916

Die Künstlervereinigungen De Stijl (1917 in den Niederlanden gegründet) und Bauhaus (1919 in Weimar gegründet) sind ebenfalls wichtig für die Geschichte des Plakats. Sie suchten fast zeitgleich nach einer Ästhetik, deren Grundsätze auf alle Gestaltungsbereiche anwendbar war. Sie traten für geometrisch-abstrakte, reduzierte Darstellungsformen ein und einen auf Funktionalität beschränkten Purismus. Als einflussreichste Plakatgestalter am Bauhaus gelten Herbert Bayer (1900-1985) und Joost Schmidt (1993-1948).

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Bauhaus-Ausstellung in Weimar, Joost Schmidt, 1923

Parallel zum Bauhaus-Design entstand die Formsprache des Art Décos. Diese erfasste ebenfalls viele Lebensbereiche, wie die Architektur und auch die Plakatgestaltung. Formen wurden genau wie bei den anderen, zeitgleich stattfinden Kunststilen vereinfacht – jedoch weniger rigoros, wie es beim Bauhaus der Fall war. Beeinflusst wurde der Art-Déco-Stil von der Kunst Persiens, Ägyptens und Zentralafrikas. Es entstand eine „gefällige Eleganz“. Das Zentrum des Art Décos und Impulsgeber war die französische Hauptstadt Paris. In den sogenannten „Roaring Twenties“ schufen sich die Menschen Illusionen einer besseren Zukunft, um über die physische Erschöpfung, die der Krieg zurückgelassen hatte hinwegkommen und später die 1929 einsetzende Wirtschaftskriese ausblenden zu können. Tanzen gehörte zu den beliebtesten Vergnügungen in den Jahren zwischen dem ersten und dem zweiten Weltkrieg. Tango und Foxtrott waren schon seit einigen Jahren der letzte Schrei. Nun gesellte sich noch der Charleston hinzu. Der amerikanische Einfluss auf die europäische Bevölkerung wuchs und es wurde immer deutlicher, dass die Werbung das Verhalten der Leute veränderte, indem sie ihnen neue Maßstäbe und Vorbilder zeigte. Plakate waren das Medium schlechthin, um neue Trends zu verbreiten – und immer im Mittelpunkt standen attraktive menschliche Vorbilder, die zum Nachahmen animierten.

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Parfumwerbung für F. Wolff & Sohn, Jupp Wiertz, 1926/1927

Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg (1933-1945)

Während des zweiten Weltkriegs wurde das Plakat wieder vornehmlich zum Zwecke der politischen Propaganda eingesetzt. Das „Reichsministerium für Propaganda“ schrieb dem Plakat in Deutschland eine besondere Bedeutung zur Beeinflussung der Bevölkerung zu. Entsprechend angefertigte Studien dienten der Untermauerung dieser Theorie. Mit dem Kriegsausbruch 1939 brutalisierte sich auch das Erscheinungsbild des Plakats. Gegen Ende des Kriegs forderte spezielle „Durchhaltepropaganda“ zum weitermachen und ausharren auf.

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Britisches Propagandaplakat mit dem Titel „Back Them Up“, 1942

Viele Plakatgestalter und Sammler wurden in der NS-Zeit Opfer von Verfolgung oder bekamen ihre Lebenswerke entrissen. So auch einer der bedeutendsten und wichtigsten privaten Plakatsammler Hans Sachs.

Das Ende des zweiten Weltkriegs und das Wirtschaftswunder (1945-1960)

Im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg knüpfte die politische Plakatwerbung vorerst wieder an die Weimarer Zeit an – jedoch etwas weniger aggressiv. Die Teilung Deutschlands und Europas und die gegensätzliche Entwicklung in den Ost- und Westländern machte sich auch auf den Plakaten bemerkbar. Während es anfänglich keine Beschränkungen gab, wurde im Osten die Plakatgestaltung immer mehr von der diktierten Kunst des sozialistischen Realismus beeinträchtigt. Plakate sollten eher in zurückhaltenden Farben gestaltet werden, „blattfüllende zeichenhafte Bilderfindungen“ aufweisen und Texte in klarer Sprache enthalten. Ab 1970 wurde aufgrund der Unterversorgung die Werbung für Waren komplett eingestellt.

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LPG-Plakat, DDR, 1958

Im Westen knüpfte die Plakatvielfalt an die 20er Jahre an. Vor allem durch das Wirtschaftswunder ab den 50er Jahren erlebten die Werbeplakate ein Revival. Rock’n’Roll, PEZ-Automaten, Nierentische, Röhrenjeans, Petticoats, Elvis-Tollen und James Dean stehen noch heute für die große Lebensfreude der Jugend- und Alltagskultur in den 50er Jahren. Plakate priesen Waren zum Kauf an, warben für Clubs und Reiseziele. Da die Güter nun auch für die Arbeiterschicht erschwinglich wurden, veränderte sich die Aufmachung der Werbeplakate. Ziel war es, die größtmögliche Zielgruppe zu erreichen. Die Plakate wurden vereinfacht und stilisiert – die Produkte sollten für sich selbst sprechen.

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Pitralon-Plakat, Paul Aigner, 1959

Durch die Verbreitung der Massenmedien Funk, Presse und schließlich Fernsehen nahm die Bedeutung der politischen Plakate immer mehr ab und der gesamte Werbemarkt geriet in Bewegung. Viele mutmaßten fälschlicherweise, dass dies auch das Ende des Plakats bedeuten würde.

Die Plakatgeschichte in den 60er und 70er Jahren

In den 60er Jahren begann vor allem die junge Generation die neuen Gewohnheiten der Gesellschaft, den starken Konsum und die damit verbundenen negativen Folgen für die Umwelt abzulehnen. Studenten rebellierten gegen den Krieg, gegen das Establishment, gegen die Industriegesellschaft und gegen die Tatsache, dass Waren und Profit über das Wohl der Menschen und der Umwelt gestellt wurden. Die Werbung reflektierte diese wachsenden Unruhen. Es entstanden Plakat, die verschiedene politische und soziale Zwecke unterstützten oder auf Probleme aufmerksam machten. Es gab unter anderem Plakate gegen Atomwaffen, den Vietnamkrieg, Umweltverschmutzung und Überbevölkerung.

Geschichte-des-Plakats-Ölverschmutzung
Plakat einer englischen Tierschutzgesellschaft

Die verklärten Neuigkeiten der Revolution in Ländern wie China und Kuba inspirierte die Jugend der 60er. Plakate von Fidel Castro und vor allem Che Guevara waren genauso populär wie die Plakate von beliebten Popsängern. Die jungen Leute identifizierten sich mit dem leidenschaftlichen Helden Che, der sein Leben seiner Sache geopfert hatte. Lange Haare wurden modern und ironischerweise wurden Andenken an den Held der Antikapitalisten wie Plakate, Filme oder Bücher nun massenweise verkauft.

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Kubanisches Plakat von Che Guevara, 1969

Die Werbeplakate passten sich immer mehr an und priesen Produkte an, welche die Einstellung der Jugend ansprach. Psychedelische Plakate griffen dabei auch auf die Gestaltungselemente des Jugendstils zurück.

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Verpoorten-Werbeplakat, 70er Jahre

In den 70er Jahren begannen die Plakate auch für den Kunstmarkt interessant zu werden. Von New York und Paris ausgehend, begannen Auktionshäuser mit Plakaten zu handeln. Die erste reine Plakatauktion fand 1983 in München statt.

Das Plakat von heute

Eine eindeutige dominierende Richtung der Plakatgestaltung gibt es heute nicht, lediglich immer neue (kurzlebige) Trends. In Deutschland sorgt der Deutsche Werberat als Autorität seit 1972 dafür, dass die zahlreichen Gesetze eingehalten und der Verbraucher mit keiner inakzeptablen Werbung in Berührung kommt. Dies gilt vor allem im Hinblick auf irreführende, belästigende oder die Jugend gefährdende Werbeaussagen.

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Coca-Cola-Werbung, 1982

Trotz der zunehmenden Digitalisierung haben Plakate heute einen festen Platz in unserem Werbemittelgefüge und gelten immer noch als eine der wirksamsten Werbeformen. In der Politik dominieren hauptsächlich reine Kopfplakate, das heißt der Kopf des entsprechenden Politikers dient als gesamtes Plakatmotiv.

Die Einsatzmöglichkeiten des Plakats haben sich stark erweitert. Durch Hintergrundbeleuchtung sind Plakate nun auch nachts zu sehen, Litfaßsäulen können sich teilweise drehen und riesige Mega-Light-Plakate zeigen abwechselnd große Plakate – oftmals in luftiger Höhe.

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Das Sammeln von Plakaten ist für einige ein beliebtes Hobby oder ein Geld bringender Beruf. Eine der weltweit umfangreichsten Plakatsammlungen ist im Museum für Gestaltung in Zürich zu finden. Das Archiv enthält über 330.00 Objekte aus der schweizerischen und internationalen Geschichte des Plakats.

Bildquellen:

  • Max Gallo: Geschichte der Plakate, Pawlak, Herrsching
  • Spiegel Online: Der Mann mit den 50.000 Denkmälern (http://www.spiegel.de/fotostrecke/ernst-litfass-rer-reklamekoenig-mit-den-saeulen-fotostrecke-134407-8.html)
  • Bauhaus 100: Joost Schmidt (https://www.bauhaus100.de/de/damals/koepfe/meister/joost-schmidt/, Bauhaus-Archiv Berlin), © VG Bild-Kunst, Bonn 2016
  • Faz.net: Aus dem Kramladen der Geschichte (http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/ddr-im-museum-aus-dem-kramladen-der-geschichte-1437326/plakat-mit-aufforderung-zum-1452425.html), © DHM
  • Wienbibliothek: 50er Plakate aus der Sammlung der Wienbibliothek (http://www.wienbibliothek.at/veranstaltungen-ausstellungen/ausstellungen/50er-plakate-sammlung-wienbibliothek)
  • Stroeer: Mega Light Select (http://www.stroeer.de/nc/aussenwerbung/werbemedien/produkt/mega-light-select.html)