Für den gestalterischen Aufbau eines Geschäftsbriefes gibt es genaue Vorgaben, auch was die Positionierung von Anrede und Schlussformel angeht. Doch wie sollten man sich inhaltlich ausdrücken. Wir haben die Imageberaterin und Etikette-Trainerin Imme Vogelsang um Rat gefragt.
Für den gestalterischen Aufbau eines Geschäftsbriefes gibt es genaue Vorgaben, auch was die Positionierung von Anrede im Brief angeht. Nach den Richtlinien des Aufbaus eines Geschäftsbriefs nach DIN 5008 folgt die Anrede im Abstand von zwei Leerzeilen auf die Betreffzeile. Die Schlussformel ist mit einer Leerzeile vom restlichen Text im Anschreiben abzusetzen und endet ohne Punkt.
Soweit, so gut. Doch wie sieht es eigentlich mit der inhaltlichen Ausgestaltung von Anrede und Schlussformel im Brief aus? Hierfür gibt es keine genauen Vorgaben, sondern lediglich Konventionen und an diesen scheiden sich mitunter die Geister. Wir haben daher bei der Imageberaterin Imme Vogelsang Rat eingeholt.
Imme Vogelsang ist Imageberaterin und Pressesprecherin des Netzwerkes „ETI – Etikette Trainer International“.
Auf den guten Stil kommt es an
Auch für die schriftliche Kommunikation gilt: „Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance.“ Um im geschäftlichen Schriftverkehr gleich auf Anhieb den richtigen Ton zu treffen, empfiehlt die Etikette-Expertin vor allem für den Erstkontakt mit dem Anrede-Klassiker „Sehr geehrte Damen und Herren“ im Brief zu starten und in diesem Fall auch klassisch-konservativ mit „Freundlichen Grüßen“ zu enden. An das „Hochachtungsvoll“ dürften sich wohl die wenigsten noch erinnern und „Mit freundlichen Grüßen“ sei nun auch schon mittlerweile 20 Jahre nicht mehr angesagt. Im Übrigen mache es für Anrede und Schlussformel in der geschäftlichen Korrespondenz keinen Unterschied, ob es sich um die Anrede in einem Brief oder einer E-Mail handle, betont Imme Vogelsang.
Insgesamt beobachte sie den Trend bei Anredeformen, dass man sich weniger an Konventionen halte, was mitunter gipfele wie in „Guten Tag liebe Imme Vogelsang“ – von Leuten, die man gar nicht kennt. Was für den einen nett gemeint klingt, tönt in den Ohren unserer Etikette-Expertin unhöflich und distanzlos. Sie vermutet, der Absender wolle dadurch moderner oder jugendlicher klingen. Dabei werde aber häufig die Zielgruppe vernachlässigt. Vogelsang meint dazu:
„Junge Leute, die in der Start-up-Szene unterwegs sind, finden solche Floskeln womöglich unproblematisch, in den meisten alt eingesessenen Unternehmen ist so etwas immer noch ein absolutes No-Go.“
Sofern man sich bereits persönlich kenne und ein Vertrauensverhältnis bestehe, sei die Anrede „Lieber XY“ durchaus möglich. Als Schlussformel könne hier dann auch frei gewählt werden, nur die formellen „Freundlichen Grüße“ scheiden aus. Man kann dann „viele, herzliche, sonnige Grüße nach oder aus“ schicken, gerade wie es dem persönlichen Stil entspricht.
Bei der Auswahl der passenden Anrede und Schlussformel sollte bedacht werden, dass manche Anschreiben auch an andere Kollegen und Abteilungen weitergeleitet werden müssen. Schon deshalb kann eine förmliche Kommunikationsebene ratsam sein.
Speziell bei Trainings an Hochschulen, berichtet Imme Vogelsang, beschweren sich Professoren zunehmend über den unhöflichen schriftlichen Kommunikationsstil vieler Studierenden. Statt „Hallo Professor XY“ oder gar nur „Hallo Prof.“, lautet die korrekte schriftliche Anrede nämlich „Sehr geehrter Herr Professor XY“ oder „Sehr geehrte Frau Professorin XY“. Es gibt keine „Frau Professor“ mehr. Der Name muss zwingend angehängt werden. „Hallo“ sei in diesem und im beruflichen Umfeld allgemein keine passende Anrede, es sei denn, man duzt sich oder der Absender hat diese Anrede vorgegeben.
Der Rang entscheidet über Reihenfolge
Sofern wir mit einem Anschreiben mehrere Personen ansprechen möchten, stellt sich schnell die Frage, wen wir in der Anrede zuerst nennen. Vielleicht unseren Ansprechpartner, mit dem wir am meisten zu tun haben? Hier gilt, dass derjenige Adressat, der die ranghöchste Stellung einnimmt, als erstes genannt wird. Dies trifft auch zu, wenn wir uns mit dem Brief in der Anrede an Damen und Herren wenden. Bekleidet der Herr eine höhere Position als die Dame, wird der Herr also zuerst genannt. Sofern wir mehrere Adressaten ansprechen, sollten die Anreden untereinander aufgeführt werden.
Bekannte Geschäftspartner anschreiben
Manchmal fragt man sich vielleicht auch, wie man jemanden im Brief anschreibt, zu dem wir einen guten, vielleicht sogar langjährigen geschäftlichen Kontakt pflegen. Es gibt eine gewisse Vertrauensebene, weil man sich das eine oder andere Mal bereits persönlich unterhalten hat. Ist es nun opportun, einen Geschäftsbrief mit „Liebe/Lieber Frau/Herr“ zu beginnen? Die Antwort lautet: Das geht. Ist jedoch damit zu rechnen, dass unser Anschreiben als Anlage zu einem geschäftlichen Vorgang, etwa einer Rechnung, in andere Abteilungen weitergereicht werden muss und am Ende vielleicht eine steuerrechtliche Unterlage darstellt, die auch einmal Wirtschaftsprüfer zu Gesicht bekommen, sollten wir den förmlicheren Anredeformen Vorrang geben. Unser Geschäftspartner wird das sicher verstehen. In diesem Zusammenhang wird häufig empfohlen, handschriftlich ein „Liebe Frau/Herr“ hinzuzufügen. Das ist zwar nett gemeint, führt allerdings zum gleichen Problem – und macht das Schreiben sogar noch persönlicher.
Förmlichkeit ist angesagt
Es kann allerdings zum Stil oder zum Corporate Behaviour einer Firma gehören, bereits im ersten Kontakt von der klassischen Anrede abzuweichen. Gerade in kreativen Branchen wie der Werbebranche oder in innovativen Branchen wie der IT mit besonders vielen Start-ups gibt es einen Trend, auch in der schriftlichen Kommunikation weniger formell aufzutreten. Das beginnt damit, dass bereits im Erstkontakt geduzt wird, sowohl schriftlich als auch mündlich. Korrekt wäre es jedoch, zunächst freundlich nachzufragen, ob der jeweilige Gesprächspartner mit diesem Kommunikationsstil einverstanden ist. Denn es gibt nach wie vor noch genügend Branchen, in denen Förmlichkeit zum guten Ton gehört, oder wie es Etikette-Trainerin Imme Vogelsang ausdrückt:
„Es ist immer besser etwas zu förmlich als zu schnell zu persönlich zu formulieren.“
Fazit
Laut der Etikette-Trainerin Imme Vogelsang sollten Sie vor allem beim Erstkontakt – ob per Mail oder Brief – auf das klassische „Sehr geehrte Damen und Herren“ zurückgreifen. Für die Grußformel empfiehlt sie das unverfängliche „Freundliche Grüße“. Wollen Sie etwas lockerer schreiben, so sollten Sie immer bedenken, dass Ihr Schreiben möglicherweise auch offiziellen Unterlagen angeheftet werden kann. Das sollte Ihren Stil etwas beeinflussen.
Was meinen Sie dazu? Schreiben Sie uns Ihre Meinung. Welche Erfahrung haben Sie mit Grußformeln gemacht. Was ist aktuell „in“ und welche Alternative gibt es zu den „besten Grüßen“?
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